Learning and Development

Prinzipien der curricularen Einbettung

In welcher Form und zu welchem Zeitpunkt auch immer Sie POL in ein Modul oder einen Studiengang integrieren möchten – folgende Maximen zur Implementierung sollten Sie auf alle Fälle beachten:

Studierende müssen POL lernen können, um es zu beherrschen. Als Einstieg in die Arbeit mit POL bietet sich die Strategie „fading out“ aus dem Konzept cognitive apprenticeship an: eine Lehrperson zeigt den Lernenden die Vorgehensweise bei der Problembearbeitung vor, setzt sie dann gemeinsam mit ihnen um, übergibt ihnen anschliessend schrittweise die Verantwortung für einzelne Schritte und gibt ihnen zu ihrer eigenen Praxis so lange Feedback, bis sie über alle erforderlichen Kompetenzen verfügen, um erfolgversprechend eigenständig mit POL zu arbeiten.

Voraussetzung dafür ist, dass die Dozierenden wissen, über wie viele Kompetenzen für die Arbeit mit POL die Studierenden in dem Moment, wo sie sie begleiten sollen, bereits verfügen. Das ermöglicht erst die Entscheidung, wie viel Verantwortung sie den Studierenden bei der Arbeit mit POL geben und wann sie ihnen helfen oder sogar korrigierend eingreifen (s. Subseite zur Prozessbegleitung). 

Strategische Verknüpfung mit anderen Lehr-/Lernszenarien bedeutet, POL-Sequenzen innerhalb von "zuführenden“ Lehrveranstaltungen und anderer Lernformen sinnvoll zu platzieren: POL sollte auf Modul- oder Studiengangsebene so mit anderen Lehr-/Lernszenarien verknüpft sein, dass sichergestellt ist, dass die Studierenden über die zum aktuellen Studienzeitpunkt erforderlichen Kompetenzen für die Arbeit mit POL verfügen. Wenn z.B. die Studierenden für die Problembearbeitung wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse kritisch gegeneinander abwägen sollen, der für den Aufbau dieser Kompetenz erforderliche journal club aber erst im übernächsten Semester vorgesehen ist, sind Probleme bei der Arbeit mit POL vorprogrammiert.

Wenn Studierende zusätzlich zum POL so viele Präsenzveranstaltungen haben, dass ihnen gar nicht genügend Zeit bleibt, um die für die Problembearbeitung erforderlichen Informationen in hinreichender Qualität im Selbststudium zu finden und zu systematisieren, werden die Ergebnisse der Problembearbeitung notwendigerweise hinter den Erwartungen zurückbleiben und die Studierenden ihre Arbeit mit POL wahrscheinlich als frustrierend erleben.

Der gleiche Effekt tritt ein, wenn die Studierenden zwar theoretisch genügend Zeit zum Selbststudium haben, die Leistungsanforderungen in anderen Lehrveranstaltungen und Lernformen aber so hoch sind, dass ihnen diese Zeit faktisch nicht bleibt. Eine erfolgversprechende Arbeit mit POL setzt also einen transparenten und insgesamt für Studierende bewältigbaren Workload im gesamten Modul bzw. Studiengang voraus.

Wenn Tutoren/innen die Vorgehensweise bei der Arbeit mit POL selber nicht hinreichend beherrschen, um den Studierenden im Bedarfsfall kompetent weiterhelfen zu können, ist der Erfolg der Arbeit der Studierenden nicht hinreichend gesichert. Das gilt auch, wenn Tutoren/innen ihr eigenes Agieren als Prozessbegleitung nicht hinreichend beherrschen. Und es gilt sogar, wenn Tutoren/innen nicht hinreichende fachliche Kenntnisse und Kompetenzen haben, um die Problembearbeitung der Studierenden beurteilen und ihnen wenn erforderlich helfen zu können. 

Voraussetzung einer erfolgversprechenden Arbeit der Studierenden mit POL ist also eine hinreichende Schulung der Tutoren/innen und entweder eine fachliche Zuordnung von Tutoren/innen zu Problemstellungen oder aber hinreichend ausführliche und dem Stand der Forschung entsprechende Tutoren/innenleitfäden sowie Vorbereitungszeit für die Tutoren/innen.

Wichtig ist darüber hinaus, dass Tutoren/innen selber vom Sinn und Zweck der Arbeit mit POL überzeugt sind. Wer als Tutor/in nicht selber hinter der Vorgehensweise von POL steht, kann nicht überzeugend intervenieren, wenn die Studierenden sich nicht daran halten. Und wer die Arbeit mit POL eher missmutig oder desinteressiert begleitet, demotiviert damit auch die Studierenden.

Problemstellungen müssen für Lernende relevant und mit dem aktuellen Kenntnis- und Kompetenzstand mit bewältigbarem Aufwand bearbeitet werden können (s. Subseite zu Problemaufgaben). Da nicht alle Studierendengruppen den gleichen Kompetenzstand haben und im gleichen Tempo die gleichen Kompetenzen aufbauen, muss die Arbeit mit POL hinreichend begleitend evaluiert werden.

Eine Möglichkeit dies sicherzustellen ist, dass sich die Tutoren/innen über die Qualität der Arbeit der Studierenden austauschen und aus einem Pool aus Problemstellungen für unterschiedliche Kompetenzstände und ggf. sogar Interessenschwerpunkte auswählen können. Alternativ kann man aber auch vorsehen, dass die Studierenden zumindest einen Teil der Problemstellungen selber auswählen oder gar selber bestimmen können.

Die Arbeit mit POL soll auf die Problemlösung im späteren Berufsalltag vorbereiten. Dementsprechend sollten die Problemstellungen und auch die Vorgehensweise bei der Bearbeitung den aktuellen Anforderungen wie Problemstellungen des späteren Berufsfelds sowie dem aktuellen Stand der Forschung entsprechen. Dementsprechend gilt es beides regelmässig zu evaluieren und die Problemstellungen sowie das Vorgehen möglichst aktuell zu halten.

Wenn Studierende mit POL arbeiten sollen, muss POL auch bei der summativen Prüfung am Ende des Moduls oder Studiengangs integriert werden (vgl. Assessment). Warum sollten sich Studierende bei der Arbeit mit POL engagieren, wenn die Arbeitsweise offensichtlich nicht so wichtig für die eigene Qualifikation für das spätere Berufsleben ist, dass auch überprüft wird, ob sie sie beherrschen?

Es genügt also nicht, wenn die im Rahmen der Problembearbeitung thematisierten Inhalte geprüft werden. Es gilt auch das professionelle Beherrschen der Arbeit mit POL zu prüfen – andernfalls hätten die Studierenden die erforderlichen Kenntnisse ja auch bei der Nachbearbeitung von Vorlesungen oder im begleiteten Selbststudium erwerben können.

Wenn nicht beim POL selbst eine Reflexionsphase über die erarbeiteten Lösungen bzw. Ergebnisse oder aber schon als Schritt im POL-Prozess eine ethische Reflexion vorgesehen ist, muss dies an einem anderen Ort im Rahmen des Moduls bzw. Studiengangs geschehen. Denn Problembewältigung bedeutet immer, Verantwortung zu übernehmen (Euler und Hahn 2007, S. 80). Die Studierenden müssen daher im Rahmen des POL erarbeitete Handlungsoptionen bzw. Problemlösungen ethisch reflektieren lernen, bevor sie nach dem Studium ihrer Profession nachgehen.