Möglichkeiten der Prozessbegleitung
POL ist eine Lern- und keine Lehrmethode (vgl. Was ist POL?): Die Studierenden sollen möglichst eigenständig arbeiten. Als erstes stellt sich zum Thema „Begleitung von POL durch Dozierende als Tutoren/innen“ also die berechtigte Frage, ob eine derartige Begleitung überhaupt erforderlich ist.
Fälle, in denen keine tutoriale Begleitung erforderlich ist
In zwei Fällen ist eine tutoriale Begleitung nicht nötig:
- wenn die Problemaufgabe für die Studierenden erkennbar relevant und gut auf ihre Interessen, Vorkenntnisse und Kompetenzen zugeschnitten ist und sie alle benötigten Hilfsmittel zur Verfügung haben und/oder
- wenn die Studierenden durch die Arbeit mit POL den eigenständigen Umgang mit Problembearbeitungen und auch mit eventuellem Scheitern daran lernen sollen.
Fälle, in denen tutoriale Begleitung wichtig ist
Eine Tutorin/ein Tutor ist also immer dann erforderlich, wenn:
- die Ausgangsbedingungen für POL nicht ideal sind, d.h. die Problemaufgabe nicht optimal auf die Interessen, Kompetenzen und Vorkenntnisse der Studierenden abgestimmt ist oder sie nicht auf alle erforderlichen Hilfsmittel zugreifen können. In diesem Fall muss ein Tutor/eine Tutorin ggf. weiterhelfen, wenn die Studierenden zu scheitern drohen, weil sie die Relevanz der Aufgabenstellung nicht erkennen, das Problem nicht definieren können, die Vorgehensweise nicht angemessen beherrschen oder nicht sinnhaft finden etc.
- nicht genügend Zeit zur Verfügung steht, damit die Studierenden auch Fehler im Prozess machen und ggf. zur Analyse der Aufgabenstellung zurückgehen und den ganzen Prozess noch einmal durchlaufen können.
- eine Prozessbeobachtung durch eine Fachperson und ein anschliessendes Feedback zum Arbeitsprozess gewünscht ist.
Wenn ein Tutor/eine Tutorin anwesend sein soll, sind seine Aufgaben idealiter rein unterstützende:
- Die Tutorin/der Tutor sollte im Vorfeld möglichst sicherstellen, dass die Lernenden die Aufgabenstellung bearbeiten können. Aufgabe des Tutors/der Tutorin ist daher sicherzustellen, dass die Lernenden das Problem verstehen und über die erforderlichen Vorinformationen sowie Kompetenzen verfügen, um eine eigenständige Lösung des Problems zu erarbeiten. Ist dies nicht gegeben, ist es seine bzw. ihre Aufgabe, Hinweise zu geben, wie die Lernenden sich diese Informationen oder Kompetenzen beschaffen können bzw. ihnen bei Zeitnot oder ähnlichen „Engpässen“ explizit Hilfestellung zu geben.
- Der Tutor/die Tutorin hat während des POL-Prozesses die Funktion, präzise zu beobachten, was die Teilnehmenden tun. Darauf stützen sich ggf. notwendige Hilfestellung sowie im Nachgang vorzunehmende Besprechungen zur Vorgehensweise.
- Falls die Studierenden auf Probleme stossen, hilft die Tutorin/der Tutor gerade so viel – strategische oder inhaltliche – Hilfestellung, wie erforderlich ist, damit die Lernenden weiterarbeiten können (vgl. Prinzip der minimalen Hilfe).
Bezüglich der Fachkenntnisse geben diverse Hochschulen bzw. Studiengänge den Tutor:innen Hilfestellungen wie Falldokumentationen, Tutor:innenhandbücher und Empfehlungen für den kommunikativen Umgang mit den Studierenden (Methodenpool der Universität Köln, 8.1.2020).
Qualitätskriterien für die Prozessbegleitung
Damit die Studierenden bei ihrer Arbeit möglichst viel lernen können, können Sie sich als Tutor:in an folgende Qualitätskriterien halten:
- So viel Unterstützung wie nötig, so wenig wie möglich
Je nach Rahmenbedingungen werden Sie mehr oder weniger helfen müssen. Wichtig ist jedoch, dass Sie nur dann eingreifen, wenn die Rahmenbedingungen oder die Learning Outcomes es erforderlich machen und nicht, weil es Ihnen als Lehrperson gerade sinnvoll erscheint, denn klassische Lehrperson sind Sie als POL-Tutor:in nicht. - Renitente Konstruktivität
Wenn Sie den Studierenden Feedback geben: kritisieren Sie sie nicht. Beschreiben Sie, was sie getan haben, unterstellen Sie ihnen hierbei beste Absichten und machen Sie ihnen danach einen Verbesserungsvorschlag, wie sie diese unterstellten besten Absichten auch wirklich erreichen können. Machen Sie ihnen nicht nur Verbesserungsvorschläge, sondern formulieren Sie, was gut funktioniert hat, und bestärken Sie die Studierenden damit. - Engagement für die Methode POL
Machen Sie den Studierenden die Methode POL immer wieder schmackhaft. Zeigen Sie ihnen auf, was sie alles dabei lernen (können). Erläutern Sie ihnen mit Beispielen, wie wichtig Problembearbeitungen und -lösungen für ihr späteres Berufsleben sind. Und machen Sie ihnen deutlich, dass Sie selber die Methode schätzen und mit ihr arbeiten (denn als Wissenschaftler/in bearbeiten und lösen Sie dauernd Probleme, das ist eine der wichtigsten Tätigkeiten in Ihrem Berufsleben). - Helfen Sie den Studierenden zu erkennen, was sie tun und was dabei herauskommt
Für Erfolg versprechendes Problemlösen ist wichtig, dass die Studierenden ihr eigenes Vorgehen erkennen, kontrollieren und optimieren lernen. Eine Ihrer zentralen Aufgaben als Tutor:in ist, sie dabei zu unterstützen, indem sie eine Metaperspektive einnehmen und ihnen Rückmeldungen insbesondere zum Arbeitsprozess zu geben. Sie können ihnen nicht nur Feedback geben, sondern sie dazu anregen, sich gegenseitig und selbst bei der Problembearbeitung zu beobachten und sich zeitnah zu korrigieren bzw. ihre Arbeitsweise zu optimieren.