Learning and Development

Variationsmöglichkeiten der Prozessbegleitung

Eine Tutorin/ein Tutor beim POL muss den Arbeitsprozess der Studierenden genau beobachten und situationsadäquat agieren. Sie können sich im Vorfeld jedoch einige Handlungsmaximen überlegen (Narciss 2014, S. 56), welche in der nachfolgenden Grafik einander gegenübergestellt sind:

Wenn Sie die Studierenden korrigieren, nehmen Sie wie angesprochen diejenige Rolle ein, die den Studierenden am meisten Verantwortung für ihren Arbeits- und Lernprozess abnimmt. Damit nehmen Sie ihnen im Fall eines Eingreifens auch die Möglichkeit, aus eigenen Fehlern zu lernen, was eine sehr effektive Lernmethoden sein kann (Schüttelkopf 2008). Wenn Sie das nicht möchten, werden Sie genau beobachten und protokollieren, was der Fehler war und welche Folgen er hatte, und den Studierenden im Anschluss ein konstruktives und ressourcenorientiertes Feedback bzw. „Feed forward“ geben, wie sie diesen Fehler in Zukunft vermeiden können. Das setzt aber voraus, dass die Studierenden die Zeit haben, den Fehler in einem erneuten POL-Zyklus zu korrigieren.

Wenn die Studierenden einen vorgegebenen Ablauf präzise durchlaufen sollen (wie es bei einigen Modellen erforderlich ist, z.B. im „7 Schritte Dialog“), werden Sie intervenieren, sobald die Studierenden den vorgegebenen Ablauf verlassen, eine Frage nicht beantworten oder einen Schritt vergessen. Wenn Ihnen daran gelegen ist, dass die Studierenden Probleme flexibel und auf diverse Weisen bearbeiten oder lösen lernen und das Procedere nicht zwingend ist um zu einem fachlich fundierten Ergebnis zu kommen, werden Sie nicht intervenieren, sondern sie ausprobieren lassen welche anderen Wege sie auch noch gehen könnten, um das Problem sinnvoll zu bearbeiten oder zu lösen.

Wenn die Studierenden die Aufgabenstellung aufgrund der Rahmenbedingungen alleine bewältigen können und wollen, werden Sie sie alleine arbeiten lassen und ihnen den Hinweis geben, den Arbeitsprozess sowie auftretende Probleme präzise zu dokumentieren, damit Sie beides im Anschluss mit ihnen besprechen können. Wenn Ihnen wichtig ist, sie bei der Arbeit zu beobachten (weil sie ggf. selber noch nicht in ausreichendem Masse erkennen und festhalten können, wie sie vorgehen), werden Sie als Tutor:in bei der Arbeit anwesend sein und den Studierenden ihre Teilnahme wie Ihre Rolle vorab gut erklären und begründen.

Wenn Sie möchten, dass die Studierenden ihren Arbeitsprozess untereinander reflektieren und sich gegenseitig Rückmeldung geben, werden Sie (allen oder ausgewählten Personen) einen Beobachtungsauftrag zur Arbeit der Gruppe geben (ggf. sogar unterschiedliche Beobachtungsaufträge an unterschiedliche Personen, z.B. beobachtet eine Person den Prozess der Problembearbeitung und eine andere die Kommunikation unter den Studierenden) und sie sich anschliessend gegenseitig Feedback geben lassen. Wenn Sie selber Feedback geben möchten (z.B. damit sich die Studierenden ganz auf ihre Arbeit mit POL konzentrieren können oder weil ihnen die Kompetenzen zur Prozessbeobachtung noch fehlen), werden Sie ihnen ein Feedback Ihrerseits ankündigen und ihnen dieses auch im Anschluss an das POL geben.

Wenn die Studierenden ihre bereits vorhandenen Kompetenzen zur Problembearbeitung weitmöglichst nutzen und aus eigenen Fehlern lernen sollen, werden Sie sich als Tutor:in weitmöglichst zurückhalten. Wenn hingegen die Zeit knapp ist und im Vordergrund steht, dass die Studierenden den Problembearbeitungs- bzw. -lösungsprozess in der verfügbaren Zeit abschliessen, werden Sie sie aktiver unterstützen.