Variationsmöglichkeiten der Methode
Je nachdem was Sie erreichen möchten, können Sie die Vorgehensweise für POL unter Beibehaltung der lernwirksamen Prinzipien sehr unterschiedlich gestalten.
Handlungsroutinen oder bewusstes, situationsorientiertes Problemlösen
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden eine bestimmte Vorgehensweise bei der Problemlösung erwerben und sich daran auch in Zukunft halten, werden Sie ihnen das Procedere möglichst präzise vorgeben (bis hin zu einzelnen Fragestellungen die sie beantworten sollen) und dafür sorgen, dass sie sich auch daran halten. Wenn Sie hingegen möchten, dass die Lernenden Problemaufgaben situationsgerecht handhaben und ein flexibles Vorgehen bei Problembearbeitungs- bzw. Problemlöseprozessen schulen (z.B. wenn sie bei späteren Anwendungssituationen mit sehr unterschiedlichen Problemarten zu tun haben werden), werden Sie ihnen ein relativ offenes Problembearbeitungsvorgehen an die Hand geben oder ihnen zumindest frei stellen, dieses flexibel zu handhaben.
Probleme lösen oder Probleme besser verstehen
Wenn Lernende bei späteren Anwendungssituationen Probleme wirklich lösen müssen (z.B. Baustellenmanagement im Strassenbau, Vorgehensweise beim Entzug der Urteilsfähigkeit oder Beantragen eines Forschungsprojekts), dann sollten Sie am Ende des Prozesses der Problembearbeitung einen Massnahmenplan vorsehen. Das bedeutet, dass die Lernenden die Lösung zwar nicht umsetzen (zumindest nicht innerhalb des POL), aber sie so konkret planen, dass sie sie umsetzen könnten. Und Sie als Dozent/in ihnen hierzu fundiertes Feedback geben können. Wenn es Ihnen aber darum geht, dass die Lernenden anhand der Problemaufgabe Zusammenhänge und Hintergründe des in der Aufgabenstellung dargestellten Problems besser verstehen, z.B. um ähnliche Probleme in späteren Anwendungssituationen gar nicht erst aufkommen zu lassen (z.B. grossflächige Erosion durch Überdüngung, Gerölllawinen durch Abholzung oder Antibiotikaresistenzen), werden Sie sie am Ende ihre Ergebnisse austauschen und zu einem logisch begründeten Ganzen zusammenfügen lassen.
Inhaltliches Ergebnis oder kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden ein Problem lösen lernen und keinen allzu grossen Wert darauflegen, dass sie ihr Vorgehen dabei reflektieren (z.B., wenn Sie ihnen die Vorgehensweise detailliert vorgegeben haben), wird die Vorgehensweise als letzten Schritt eine Erarbeitung eines inhaltlichen Ergebnisses haben. Wenn Sie hingegen Wert darauflegen, dass die Lernenden ihr Vorgehen bei der Problemlösung reflektieren und bei Bedarf optimieren, bedarf es eines weiteren Schritts mit einer gemeinsamen Evaluation des Vorgehens. Wenn Sie darüber hinaus eine Reflexion und Optimierung der Teamarbeit anstreben, müssen die Zusammenarbeit am Ende reflektiert und Verbesserungsvorschlägen für die Zukunft erarbeitet werden.
Eigenständige Recherche
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden eigenständig recherchieren lernen, werden Sie sie «auf eigene Faust» Informationen suchen lassen. Das werden Sie insbesondere dann tun, wenn die Lernenden in Bezug auf die Learning Outcomes relativ frei sein sollen. Sind die Learning Outcomes hingegen zumindest zu einem Teil vorgegeben, dann werden Sie ihnen flankierende Lehrveranstaltungen, Materialien zum Selbststudium oder sonstige Hilfsmittel an die Hand geben, bei denen sie sich gezielt diejenigen Informationen abholen können, die zum Erreichen der Learning Outcomes erforderlich sind. Als Extremform können Sie den Lernenden sogar am Ende eines Lehr-/Lernszenarios eine Aufgabenstellung geben und sie mit den Materialien arbeiten lassen, die sie im Verlauf des Szenarios bearbeitet haben. Das wäre ein «POL-Assessment mit open books», in dem die Lernenden zwar eine Selbststudienzeit haben, aber auf keine «neuen» Informationen mehr zugreifen können.
Transfer
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden das, was sie bei der Problembearbeitung gelernt haben, auf ähnliche Aufgabenstellungen bzw. Probleme übertragen können, werden Sie am Ende der Problembearbeitung einen Schritt mit einem Transfer auf ähnliche Situationen vorsehen. Wenn Sie hingegen eine Aufgabenstellung gewählt haben, die sich massiv von anderen auf den ersten Blick vergleichbaren unterscheidet, werden Sie stattdessen einen Schritt mit einem Herausarbeiten von Unterschieden zu anderen vergleichbar erscheinenden Problemen vorsehen (z.B. Beatmung von Frühgeborenen versus Beatmung von Erwachsenen). Und wenn ein Transfer nicht erforderlich erscheint, werden Sie einen solchen Schritt ganz weglassen.
Wissensbewertung
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden sich gedanklich aktiv mit Wissensbewertungsstrategien befassen und von ihren vorwissenschaftlichen Recherchegewohnheiten Abstand nehmen, werden Sie ihnen bei der Wahl der Informationen im Selbststudium freie Hand lassen und beim Zusammentragen der Ergebnisse einen Schritt vorsehen, in dem die Lernenden reflektieren, welche der gefundenen Informationen für die Lösung bzw. das vertiefte Verständnis des Problems nun hilfreich waren, welche nicht und warum. Daraus könnten sie ein Fazit formulieren, welchen Mindeststandards eine Information in Zukunft genügen müssen wird, um eine fachlich befriedigende Problembearbeitung sicherzustellen. Wenn Sie hierfür keine Zeit haben, aber die Lernenden mit suffizienten Informationen arbeiten lassen möchten, werden Sie ihnen entweder Qualitätskriterien vorgeben oder aber zu Beginn der Problembearbeitung einen Schritt vorsehen, in dem die Lernenden (ggf. mit Ihrer Unterstützung) Kriterien für die Qualität von zu beschaffenden Informationen formulieren.
Fachlich angereicherte Vorgehensweise
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden bestimmte fachliche Fragestellungen oder Vorgehensweisen mit einbeziehen, werden Sie diese als Vorgabe in die Vorgehensweise integrieren (und die Lernenden dazu anhalten, diese bei der gemeinsamen Problembearbeitung auch zu berücksichtigen). Wenn Sie eher fachübergreifende Problembearbeitungs- oder Problemlösekompetenz erwerben lassen möchten, werden Sie derartige fachliche Detailfragen weglassen oder am Ende sogar einen Schritt zur interdisziplinären Betrachtung des Problems integrieren (Jannack, Knemeyer & Marmé 2016, S. 24).