Variationsmöglichkeiten der Zielsetzungen
Für Sie als Dozent/in ist zentral für eine zielführende Planung eines POL-Settings, welche Kompetenzen die Lernenden erreichen sollen:
Fachspezifische oder allgemeine Problemlösekompetenz
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden Problemlösekompetenz auch für fachübergreifende Problemstellungen aufbauen, werden Sie eine relativ allgemeine Vorgehensweise für Problemlösungen wählen, der die Lernenden dann folgen sollen. Wenn Sie hingegen eine fachspezifische Problemlösekompetenz anstreben, werden Sie die allgemeine Vorgehensweise um fachspezifische Schritte ergänzen oder eine bereits existierende fachspezifische Vorgehensweise für die Problemlösung auswählen.
Kompetenzen im Bereich Teamarbeit oder im Bereich individuellen Arbeitens
In aller Regel wird POL in kleinen Gruppen praktiziert. Ein zentraler Grund dafür ist, dass die Lernenden im späteren Berufsleben in der Regel auch in Teams arbeiten werden (sei das als Forschende oder als Praktiker/innen).
Sie können die Lernenden die einzelnen Schritte der Problemlösung (oder ausgewählte einzelne Schritte) aber auch individuell ausführen und sich danach jeweils untereinander über ihre Ergebnisse austauschen lassen. Das werden Sie dann tun, wenn Ihnen daran gelegen ist, dass die Lernenden ihr individuelles Vorgehen bei der Problemlösung reflektieren und optimieren.
Die Lernenden Problemstellungen ausschliesslich individuell und ohne jeglichen Austausch untereinander bearbeiten zu lassen und die Ergebnisse individuell zu bewerten bietet sich nicht an, da die Lernenden auf diese Art und Weise nicht zwingend ihr eigenes Vorgehen bei der Problemlösung reflektieren werden. Es ist ein zentraler Vorteil des Austausches in der Gruppe, dass die Lernenden andere Vorgehensweisen kennenlernen und so ihre eigene Vorgehensweise reflektieren und verbessern können (Reich 2010, S. 20ff.).
Sozialkompetenzen und kommunikative Kompetenzen
Wenn Lernende nicht nur Problemlösekompetenz aufbauen, sondern auch ihre Sozialkompetenz und kommunikative Kompetenzen optimieren sollen, werden Sie am Ende des Problembearbeitungsprozesses eine Reflexion der gemeinsamen Arbeit vorsehen. In einer solchen abschliessenden Phase werden Sie die Lernenden anhalten gemeinsam darüber nachzudenken, wer sich wie beteiligt hat, wer welche Rolle eingenommen hat und wie die Beteiligten sich in Zukunft optimal einbringen können. Und Sie werden sie anhalten darüber nachzudenken, wie sie sich gegenseitig zugehört haben, Ideen anderer aufgenommen oder zu schnell verworfen haben sowie wie sie die Kommunikation untereinander verbessern können. Eine derartige Reflexionsphase kostet allerdings Zeit. Daher ist es wichtig, dass Sie im Vorfeld entscheiden, ob Sozial- und kommunikative Kompetenzen aufzubauen zu den Learning Outcomes zählen oder nicht.
Den Aufbau metakognitiver Kompetenz
Wenn Ihnen daran liegt, dass die Lernenden nicht nur Probleme bearbeiten und lösen lernen, sondern auch metakognitive Kompetenz (d.h. die Fähigkeit zum Reflektieren und Steuern des eigenen Lernens und gedanklichen Vorgehens, s. Hasselhorn & Labuhn 2008, S. 29) aufbauen, werden Sie eine abschliessende Reflexionsphase über die Vorgehensweise bei der Problemlösung in der Gruppe vorsehen. Diese lässt sich mit der Reflexion über die Rollenverteilung und die Kommunikation kombinieren, dann wird die Reflexionsphase allerdings relativ lang. Sie können die Lernenden alternativ auch mit einem Lerntagebuch arbeiten lassen, in dem sie ihre Vorgehensweise bei der Problemlösung individuell im Anschluss an die gemeinsame Arbeit reflektieren. Das macht insbesondere dann einen Sinn, wenn die Lernenden nicht nur einmal POL praktizieren, sondern dies über einen längeren Zeitraum immer wieder tun. Denn nur in diesem Fall können sie Verbesserungen der eigenen Vorgehensweise erkennen und planen. Lerntagebücher sind in Kombination mit Hinweisen zur Metakognition eine wirkungsvolle Unterstützung beim Lernen (Fabriz et al. 2013), bei Lernenden allerdings nicht unbedingt beliebt, da sie einen zusätzlichen Zeitaufwand darstellen. Es gilt ihnen also gut zu begründen, zu welchem Zweck dieser Aufwand dient und dass er sich für die Lernenden auch wirklich lohnt. Sowohl ein Lerntagebuch als auch eine Reflexion der Vorgehensweise in der Gruppenarbeit kosten Zeit und gehen ggf. auf Kosten der Motivation der Lernenden, speditiv das nächste Problem in Angriff zu nehmen. Wenn die Lernenden also eine fachlich vorgegebene Vorgehensweise erlernen und reproduzieren sollen, ist ein derartiger Zusatzaufwand ggf. gar nicht zielführend.
Kompetenz zur Wissensbewertung
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden nicht initial mit irgendwelchen im Internet gefundenen Informationen aus der Selbststudienphase kommen, sondern mit Informationen eines angemessenen Niveaus, können Sie zu Beginn der Problembearbeitung einen Schritt vorsehen, in dem die Lernenden darüber nachdenken, was Kriterien für eine qualitativ hinreichende Information für eine den disziplinären wissenschaftlichen Ansprüchen entsprechende Problemlösung sind. Sie können ihnen diese Kriterien natürlich auch vorgeben, dann werden die Lernenden aber nicht unbedingt selbstständig reflektieren, warum nur Informationen einer bestimmten Qualität für eine fachlich und wissenschaftlich fundierte Problembearbeitung bzw. -lösung hilfreich sind. Oder Sie können die Lernenden (insbesondere zu Beginn einer Lehrveranstaltung, eines Tutoriats oder eines Studiengangs) einfach einmal ohne Vorgaben Informationen suchen lassen und dann beim Austausch der Ergebnisse dieser Suche einen Schritt einbauen, in dem die Lernenden die Qualität der gefundenen Informationen überprüfen und reflektieren. Auf diese Weise greifen Sie die vorwissenschaftliche „Google-Mentalität“ auf, die viele Lernende mitbringen, und helfen ihnen zu erkennen, dass eine fachwissenschaftlich angemessene Vorgehensweise bei der Problembearbeitung eine bestimmte Qualität von Informationen und entsprechende Recherchestrategien erfordert.
Auch diese Schritte kosten Zeit. Wenn Sie also davon ausgehen können, dass die Lernenden die Kompetenz zur Wissensbewertung bereits in anderen Lehrveranstaltungen oder Lehr-/Lernszenarien erwerben oder erworben haben, können Sie diese Schritte streichen.
Selbst- oder Methodenkompetenzen aufbauen helfen oder nicht
Wenn die Lernenden spezielle Selbst- oder Methodenkompetenzen aufbauen sollen, werden Sie das POL dementsprechend gestalten.
Wenn sie z.B. Schnelligkeit bei der Recherche oder die systematische Erhebung des Forschungsstandes lernen sollen, werden Sie die Selbststudienzeit entweder zeitlich eng begrenzen oder aber den Lernenden sehr viel Zeit, aber eine klare Vorgabe in Bezug auf Vollständigkeit der Informationen geben.
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden den Problembearbeitungs- bzw. -lösungsprozess speditiv und immer speditiver ausüben können (z.B. für Problemstellungen, die ihnen im späteren Berufsleben immer wieder begegnen werden), werden Sie ihnen für die Gruppenarbeit eine Zeitvorgabe machen und diese Zeitvorgabe ggf. bei wiederholter Arbeit mit POL immer weiter kürzen. Wenn Sie hingegen möchten, dass die Lernenden bei der Problembearbeitung bzw. -lösung in die Tiefe gehen und verschiedene Bearbeitungs- oder Lösungswege abwägen lernen, werden Sie ihnen viel Zeit für die Gruppenarbeit geben.
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden interdisziplinäres Denken und Arbeiten lernen, werden Sie sie in der Selbststudienphase in der Literatur aus verschiedenen Disziplinen nach Informationen suchen und diese dann beim Austausch der Ergebnisse gegenüberstellen und vergleichen lassen.
Wenn Sie möchten, dass die Lernenden zuverlässig arbeiten lernen, werden Sie nur diejenigen für ein Treffen zum Austausch der Ergebnisse zulassen, die ihre Arbeit wirklich erledigt haben und die Ergebnisse ihrer Arbeit auch aktiv einbringen.