Learning and Development

Kompetenzorientierte Learning Outcomes erstellen

Wenn Sie problemorientiertes Lernen implementieren möchten, ist ein besonders wichtiger Schritt die Definition der Learning Outcomes, die die Lernenden erreichen sollen. Der grosse Vorteil präzise definierter Learning Outcomes ist, dass Sie als Lehrperson am Ende des Lernprozesses beobachten können, was die Lernenden in welcher Qualität zu tun im Stande sind. So können Sie im Bedarfsfall anmerken, was diese noch nicht gut genug können, und ihnen weitere Übungsmöglichkeiten geben.

Learning Outcomes für POL müssen folgende Qualitätskriterien erfüllen:

  • Es muss ein für die Lernenden erkennbarer Mangel an Wissen und Können in Bezug auf sie bestehen, d.h. die Lernenden müssen erkennen können, dass ihnen hier etwas fehlt.
  • Die Learning Outcomes sollten möglichst weitgehend den genannten Hauptzielen von POL entsprechen. Definieren Sie möglichst keine isolierten „Wissensziele“, sondern legen Sie den Schwerpunkt auf die Problembearbeitung bzw. -lösung. Seitens der Lernenden aufzufindende Fakten sind nur ein erforderliches Element des Problembearbeitungsprozesses. Wichtig sind insbesondere, dass die Lernenden lernen Wissenslücken zu realisieren und sich davon ausgehend strukturiert und effektiv Information zu beschaffen, um die Wissenslücken zu schliessen.
  • Es muss für die Lernenden erkennbar sein, dass sie dieses fehlende Wissen und Können für die in der Problemstellung beschriebene Praxis brauchen.
  • Die Lernenden müssen sich darüber im Klaren sein können, dass es sinnvoll oder sogar zwingend erforderlich ist, diese Wissens- und Könnenslücken genau zum aktuellen Zeitpunkt durch Selbststudium zu füllen (Huenges 2003, S. 29).

Sie können Learning Outcomes mit folgenden vier Schritten formulieren (Tribelhorn 2016, S. 3):

  1. Situationen:
    Was sollen die Lernenden am Ende des Lernprozesses tun können?
  2. Evidenz:
    Woran erkennen Sie, dass die Lernenden das Geforderte beherrschen?
  3. Anspruchsniveau:
    Welches Niveau an Expertise erwarten Sie dabei?
  4. Can-Do-Statements:
    Wie lässt sich dies in Form konkreter Handlungen der Lernenden formulieren?

Eine Handlung beinhaltet immer kognitive, psychomotorische und affektive bzw. motivationale Aspekte: Lernende müssen nicht nur über Kenntnisse verfügen und diese handelnd umsetzen können, sondern die entsprechende Handlung auch (in einer bestimmten Qualität) umsetzen wollen (Schaper 2012, S. 12). Wenn Sie das Niveau von Learning Outcomes definieren möchten, können Sie auf die entsprechenden Taxonomien zurückgreifen.

Im Folgenden finden Sie die Niveaus der drei Taxonomien anhand einer beispielhaften Kompetenz illustriert: "Die Lernenden können Patienten/innen mit Lungenentzündung behandeln." Welches Learning Outcomes ist hierbei in welcher Taxonomie auf welcher Stufe zu finden?

Kognitive Taxonomie
Taxonomiestufe Learning Outcome
6. Kreieren Einen sinnvollen Behandlungsplan für die konkrete Patientin erstellen.
5. Evaluieren Bewerten können, was die beste Therapie für die Patientin ist.
4. Analysieren Eine Therapie gegen andere Therapien abwägen können. Effekte und Wechselwirkungen einzelner Behandlungsschritte abwägen können.
3. Anwenden Eine Standardtherapie anwenden können.
2. Verstehen Begründen können, warum eine Lungenentzündung welche Symptome hervorruft. Erklären können, warum man wie behandeln kann. Die Entstehung der Symptome beschreiben können.
1. Erinnern Die Symptome einer Lungenentzündung nennen/auflisten können.
Affektive Taxonomie
Taxonomiestufe Learning Outcome
5. Kontinuierlich wertgemäss handeln Das psychische Wohlbefinden von Patienten/-innen soweit irgend möglich prioritär behandeln.
4. Strukturierter Aufbau eines Wertsystems Der Patientin mehr Zeit einräumen als geplant (und dafür andere, unwichtiger Tätigkeiten effizienter zu erledigen), um ihr psychisches Wohlbefinden sicherzustellen.
3. Werten Das psychische Wohlbefinden der Patientin als wichtig bewerten. 
2. Reagieren Die Patientin freundlich anschauen, fachkompetent und beruhigend auftreten.
1. Aufmerksam werden Wahrnehmen, dass die im konkreten Fall betagte Patientin verwirrt und ängstlich wirkt.
Psychomotorische Taxonomiestufe
Taxonomiestufe Learning Outcome
5. Naturalisierung In jeder typischen Situation automatisch eine sinnvolle physische Anamnese machen und hierbei keinen erforderlichen Untersuchungsschritt vergessen.
4. Handlungsgliederung Untersuchungsschritte sinnvoll gliedern können (z.B. Fieber messen, abhören, Puls messen, Blutwerte bestimmen, ...).
3. Präzisierung Einzelne Untersuchungsschritte in unterschiedlichsten Anwendungssituationen präzise und effizient umsetzen können (z.B. "ein Neugeborenes abhören, einen Patienten mit multiple Sklerose abhören können" etc.)
2. Manipulation Einzelne Untersuchungsschritte in einer anderen Situation umsetzen können, z.B. eine stark übergewichtige Patientin abhören können.
1. Imitation Einzelne Untersuchungsschritte nachmachen, z.B. eine Patientin gleicher Statur genauso abhören können, wie es im Unterricht vorgemacht wurde.

Wenn Sie die definierten Learning Outcomes noch einmal auf ihre Vollständigkeit überprüfen möchten, können Sie das mit folgenden Kriterien tun (Tribelhorn 2016, S. 6):

  1. Ist die zu beobachtende Handlung eindeutig beschrieben?
    (am Beispiel: ist für Sie wie die Lernenden klar, was im konkreten Fall eine «Standardtherapie» ist?)
  2. Ist formuliert,
    - was die Lernenden
    - in welcher Situation und unter welchen Bedingungen
    - in welcher Qualität tun können sollen?
  3. Ist die zu beobachtende Handlung wirklich beobachtbar?
    (eine kognitive Handlung wie «verstehen» ist nicht beobachtbar, «erklären können» hingegen können Sie als Lehrperson beobachten und bewerten)

Beispiele für Handlungen, die Sie beobachten können, sind z.B. für die kognitive Lernzieltaxonomie (Bachmann 2011): 

Taxonomiestufe Verben
6.  Kreieren zusammensetzen, sammeln, organisieren, konstruieren, präparieren, schreiben, entwerfen, schlussfolgern, verbinden, konzipieren, zuordnen, zusammenstellen, ableiten, entwickeln
5. Evaluieren beurteilen, argumentieren, voraussagen, wählen, evaluieren, begründen, prüfen, entscheiden, kritisieren, benoten, schätzen, werten
4. Analyisieren testen, kontrastieren, vergleichen, isolieren, auswählen, unterscheiden, gegenüberstellen, kritisieren, analysieren, bestimmen, experimentieren, sortieren, untersuchen, kategorisieren
3. Anwenden durchführen, berechnen, benutzen, herausfinden, löschen, ausfüllen, eintragen, drucken, anwenden, lösen, planen, illustrieren, formatieren, bearbeiten
2. Verstehen darstellen, beschreiben, bestimmen, demonstrieren, ableiten, diskutieren, erklären, formulieren, zusammenfassen, lokalisieren, präsentieren, erläutern, übertragen, wiederholen
1. Erinnern schreiben, definieren, reproduzieren, auflisten, schildern, bezeichnen, aufsagen, angeben, aufzählen, benennen, zeichnen, ausführen, skizzieren, erzählen